Selige Edigna
Die selige Edigna ist eine außergewöhnliche und völkerverbindende Gestalt des Glaubens. Mit fürstlichen Wurzeln in der Kyjiwer Rus, in Frankreich geboren und in Bayern wirkend, schlägt sie eine Brücke zwischen Ost- und Westeuropa. Ihr inspirierendes Leben war dem Dienst an Gott und den Menschen gewidmet. Ihre historischen Wurzeln und die bis heute tief verwurzelte Verehrung zeugen von ihrer spirituellen und kulturellen Bedeutung – sowohl für die Gemeinde Puch und den Edigna-Verein als auch insbesondere als Patronin für das Apostolische Exarchat und die ukrainische Gemeinschaft in der Diaspora.
Jaroslaw der Weise – Fürst von Kyjiw, „der Schwiegervater Europas“
Die selige Edigna ist die Urenkelin des Heiligen und Apostelgleichen Fürsten Volodymyr des Großen und die Enkelin des Herrschers der Kyjewer Rus, Jaroslaw des Weisen. Ihre Lebensgeschichte ist ein wertvoller Teil der Geschichte der Rus-Ukraine und vereint heute drei Nationen – die Ukraine, aus der sie stammt, Frankreich, wo sie geboren wurde, und Deutschland, wo sie ihr ganzes Leben lang gelebt und gedient hat.
Emma-Edigna wurde im Jahr 1055/1058 in Frankreich geboren. Ihr Vater war der französische König Heinrich I., ihre Mutter die französische Königin und Fürstin von Kyjiw Anna Jaroslawna. Diese Verbindung kam durch die aktive dynastische Politik von Annas Vater Jaroslaw dem Weisen zustande. Jaroslaw nutzte die Ehebündnisse seiner Kinder als Instrument der Außenpolitik und knüpfte enge Beziehungen zu vielen europäischen Staaten und Herrscherhäusern. Dieser Ansatz hatte einen bedeutenden Einfluss auf die Entwicklung der zwischenstaatlichen Verhältnisse in Europa, stärkte die freundschaftlichen Beziehungen und zielte auf den Frieden und die Entwicklung der großen europäischen Familie ab, zu der auch die fürstliche Rus-Ukraine gehörte.
Den Chroniken zufolge gingen aus der Ehe von Jaroslaw mit Ingegerd von Schweden neben sechs Söhnen auch drei Töchter hervor: Elisabeth, Anna und Anastasia. Die Töchter des Ehepaares wurden mit europäischen Herrschern verheiratet: Anastasia wurde als Frau von Andreas I. Königin von Ungarn, Elisabeth als Frau von Harald II. Königin von Norwegen und Anna, die berühmteste von ihnen, wurde als Frau von Heinrich I. Königin von Frankreich. Aufgrund seiner erfolgreichen Heiratspolitik wird Jaroslaw in der Geschichtsschreibung oft als „Schwiegervater Europas“ bezeichnet. Seine familiären Bindungen zu vielen anderen Königreichen Europas machten die Rus-Ukraine zu einem integralen Bestandteil der großen europäischen christlichen Familie.
„Drei Generationen der Frömmigkeit: Ingegerd von Schweden, Anna von Kyjiw, Edigna von Bayern“
Ingegerd von Schweden, Anna von Kyjiw und Edigna von Bayern sind drei Vertreterinnen derselben Familie, die die Verwandtschaft der Ukraine mit der gesamten christlichen Welt Europas verkörpern. Ingegerd-Iryna, Prinzessin von Schweden und Großfürstin von Kyjiw, Tochter des Täufers von Schweden, die schon als Kind die christliche Lehre annahm, erwies sich in ihrer neuen Heimat, der Rus-Ukraine, als weise Friedensstifterin, die geschickt interne Streitigkeiten schlichtete. Sie versöhnte zerstrittene Verwandte, heilte Kranke, gab den Staatsmännern klugen Rat und trug zu einer friedlichen Innen- und Außenpolitik bei. Ihre Kinder erzog sie sie in christlichen Tugenden.
Anna Jaroslawna, Fürstin der Rus-Ukraine und Königin von Frankreich, wuchs unter den Gewölben der Sophienkathedrale auf und nahm mit ihren Augen und ihrem Geist das leuchtende Mosaikbild der Kyjewer Literatur, Kunst und Frömmigkeit auf. Die majestätische Oranta streckte ihre betenden Hände über sie aus und segnete sie in der fernen Welt. Als Anna zur Herrscherin eines großen Staates wurde, verwendete sie ihren Besitz für den Bau von Kirchen und Klöstern. Einen Beweis dafür liefern zahlreiche königliche Urkunden. In einer von ihnen berichtet Anna selbst über ihre spirituellen Beweggründe: „... um mich dem Herrn ohne Makel und Tadel darzustellen, wie Christus es für die Kirche gewollt hat ...“. Erzogen in christlichen Tugenden, wurden auch Annas Kinder treue Christen.
Ihre Tochter Emma-Edigna entsagte dem weltlichen Leben und wurde eine berühmte bayerische Selige. Im Prunk des königlichen Palastes geboren, wählte sie das Einsiedlerleben nach dem Vorbild der Kyjewer Mönche. Die Höhlung einer alten Linde wurde zu ihrer klösterlichen Zelle für das einsame Gebet, eine „Muschel“, in der eine kostbare Perle geboren wurde – ein Kleinod für den Himmel, das während ihres irdischen Lebens und später, als sie „in ihre himmlische Heimat aufbrach“, mit zahlreichen Wundern glänzte. Drei Generationen – Mutter, Tochter und Enkelin – wurden zu Vorbildern einer tiefen Treue zu den christlichen Werten und leuchteten durch Taten des aufrichtigen Glaubens.
Die selige Edigna: historische Zeugnisse
Die früheste Chronik, die von der Geburt einer Tochter des französischen Königspaares Anna und Heinrich I. um 1055/1058 berichtet, ist die Chronik Wilhelms von Jumièges (nach 1070), „Die Taten der normannischen Herzöge“. Der Autor erwähnt, dass aus der Ehe Heinrichs I. mit der Tochter des Königs von Rus Söhne namens Philipp und Hugo sowie eine Tochter hervorgingen. Ein anderer französischer Chronist, Hugo von Fleury (nach 1122), ist in seinen Berichten genauer. In seinem Werk „Taten der modernen Könige Frankreichs“ nennt er Prinzessin Anna und bezeugt die Geburt von vier Nachkommen in der königlichen Familie, wobei er die Namen der Söhne Philipp, Hugo, Robert sowie den Namen der Tochter Emma angibt. Laut Forschern ist es genau diese Emma, die als die selige Edigna gilt, die sich um 1074 in der kleinen Ortschaft Puch, unweit von München, niederließ.
Die älteste bildliche Quelle, die auf den Aufenthalt und die große Verehrung der seligen Edigna in Puch und darüber hinaus hinweist, sind zwei Altarflügel aus der ersten Hälfte des 15. Jahrhunderts, die die selige Edigna in einem Ordensgewand mit einem Buch und einem Hahn in den Händen zeigen. Diese Bilder, die heute im Bayerischen Nationalmuseum aufbewahrt werden, waren einst Teile der Altäre in der Pucher Kirche und in der Frauenkirche zu München.
Die früheste schriftliche Erwähnung über den Aufenthalt und die Verehrung Edignas in Puch findet sich in den „Annales Ducum Boiariae“ von Johannes Aventinus (1477–1534). Er erwähnt Edigna, als er über den Tod des Kaisers Ludwig IV. von Bayern (†11. Oktober 1347) berichtet. Aventinus beschreibt, dass Ludwig während der Jagd in der Nähe von Puch starb und merkt an, dass Edigna an diesem Ort begraben ist, von den Einwohnern tief verehrt wird und dass bei ihr in Gebeten bei Verlust und Diebstahl Zuflucht gesucht wird.
Die umfassendste Quelle, die das Leben der seligen Edigna in Puch beschreibt, ist das Werk des deutschen Schriftstellers Matthias Rader „Bavaria Sancta“ (1615–1627). In diesem Werk sammelte er Daten über alle damals in Bayern bekannten Heiligen. Die Berichte über Edigna finden sich im zweiten Band der Ausgabe. Der Autor, der sich auf Tafeln bezieht, die er persönlich in der Kirche in Puch gesehen hat, schreibt: „Die selige Jungfrau Edigna war eine Französin, die Tochter eines Königs von Frankreich, die für ihren Bräutigam, den Herrn Jesus Christus nahm auf sich die freiwillige Verbannung, ruht nun an diesem Ort und ist bekannt durch Zeichen und Wunder …“
Den Thron verlassen, um zu dienen
Vom 17. bis zum 19. Jahrhundert finden sich zahlreiche schriftliche Erwähnungen und Berichte über das Leben der seligen Jungfrau Edigna und ihr Wirken. Diese bezeugen die Wunder, die durch ihre Fürsprache geschahen, sowie die Verehrung, die sie im bayerischen Volk genoss. Aus diesen Quellen und mündlichen Überlieferungen kristallisierte sich auch die Lebensgeschichte der Seligen heraus, die wir heute kennen: Edigna kam aus Frankreich nach Deutschland, stammte aus einer königlichen Familie und war die Tochter des französischen Königs Heinrich I. (1031–1060) und der Königin Anna Jaroslawna. Aufgrund eines Gelübdes der Jungfräulichkeit und aus Liebe zu ihrem Bräutigam, Jesus Christus, entschied sie sich für ein freiwilliges Exil und verließ den königlichen Hof, um einer erzwungenen Ehe zu entkommen. Auf ihrer Reise gelangte Edigna nach Bayern, wo sie ein Bauer auf seinem Ochsenkarren mitnahm. Auf dem Karren befanden sich auch ein Hahn und ein Glöckchen.
Der Überlieferung nach hielten die Ochsen in der Nähe des Ortes Puch von alleine an, der Hahn krähte und das Glöckchen läutete. Edigna deutete dies als Zeichen der göttlichen Vorsehung und beschloss, an diesem Ort zu bleiben und zu dienen. Sie ließ sich in der Baumhöhle einer großen Linde nieder (diese Linde steht noch heute neben der Kirche St. Sebastian) und lebte dort 35 Jahre, diente Gott und folgte Christus in Gebet, Wachen, Keuschheit und Fasten.
Schon zu Lebzeiten war Edigna für ihre Wohltaten bekannt und wurde von der örtlichen Bevölkerung hoch verehrt. Sie gab ihren königlichen Status auf, um Christus nachzufolgen, ihren Nächsten zu dienen, Kranke zu heilen, ihre Kenntnisse zu teilen und die Menschen im Glauben sowie in der Schrift zu unterrichten. Sie verzichtete auf ihre königlichen Privilegien, um himmlische Schätze zu gewinnen, und wählte das Leben einer Eremitin in der Nähe des Schöpfers. So wurde sie zur Zuflucht für Menschen, die in den Stürmen des Alltags Hilfe und Trost suchten.
Bis heute ist die selige Edigna ein Vorbild für Dienst, Hingabe an die Nächsten und Treue zu Gott. Der Überlieferung zufolge begann nach ihrem Übergang aus dem irdischen Exil in die himmlische Heimat am 26. Februar 1109 Öl aus der Linde, in der sie gelebt hatte, zu fließen. Doch es versiegte, als die Menschen versuchten, es zu verkaufen.
Die Selige, die durch die Jahrhunderte wirkt
Nach dem Tod der seligen Edigna im Jahr 1109 blieb die Erinnerung an sie in der Gemeinde Puch und Umgebung erhalten, denn durch ihre Fürsprache geschahen zahlreiche Wunder und Heilungen. Die Dorfbewohner bestatteten die Selige in Puch, hinter dem Altar in der Apsis der romanischen Kirche aus dem 8. Jahrhundert, was durch die im Jahr 1978 entdeckte Grabstätte bezeugt wird. An diesem Ort wurden in der lokalen Tradition gewöhnlich Menschen beigesetzt, die schon zu Lebzeiten hohe Anerkennung genossen. Quellen wie die Geschichte von Aventinus und alte Darstellungen Edignas in den Kirchen von München und Puch deuten darauf hin, dass ihre aktive und öffentliche Verehrung nicht später als im 14.–15. Jahrhundert begann, möglicherweise aber schon kurz nach ihrem Tod.
Im Jahr 1600 wurden ihre Gebeine erhoben und zur Verehrung am Seitenaltar der Kirche ausgestellt. Ab dieser Zeit begann die Blüte des Kultes der seligen Edigna, nicht nur in Puch, sondern auch weit darüber hinaus. Davon zeugen die Votivtafeln aus dem 17.–19. Jahrhundert, die als Zeichen des Dankes für von Gott empfangene Gnaden aus verschiedenen Orten in die Kirche gebracht worden sind. Die älteste erhaltene Votivtafel stammt aus dem Jahr 1639 und berichtet von einem Kind aus Mammendorf, das an „Roten Ruer“ erkrankte und über Nacht wieder „gesund und frisch“ wurde.
Aus zahlreichen weiteren Tafeln und Berichten lässt sich schließen, dass die selige Edigna die Fürsprecherin in vielen Notsituationen war und bis heute geblieben ist: bei Verlusten und Diebstählen, bei Krankheiten von Menschen und Tieren, bei Unfällen sowie in der Sterbestunde. Die Verehrung Edignas ist in vielen Gemeinden lebendig geblieben, was durch alljährliche Wallfahrten der Gemeinden Mitterndorf, Oberpfaffenhofen und Fürstenfeldbruck bezeugt wird. Die zahlreichen Einzelwallfahrten dokumentieren sich für unsere Zeit in dem seit 1991 auf dem Edigna-Altar ausliegenden Anliegenbuch, in das die Menschen ihre Bitten und Sorgen schreiben.
Edigna wurde nie offiziell kanonisiert, und es gibt keine Dokumentation einer offiziellen Seligsprechung. Dennoch wird sie als Selige im römischen Heiligen- und Seligenverzeichnis im Institut Papst Johannes XXIII. der Lateran-Universität in Rom geführt. Sie ist eine volkstümliche Selige, zu der die Menschen in ihren täglichen Nöten beten, und die auch nach ihrem Tod eine treue Helferin aller Bedürftigen geblieben ist.
Kirchen und Reliquien der Seligen Edigna
Heute werden die Reliquien der seligen Edigna in zwei bayerischen Kirchen aufbewahrt und zur Verehrung ausgestellt: in der Kirche St. Sebastian in Puch und in der Kirche der seligen Edigna in Hofdorf bei Hunderdorf. Beide Kirchen haben eine interessante Geschichte und stehen in enger Verbindung mit dem Leben und der Verehrung der seligen Edigna.
Die Kirche St. Sebastian in Puch, in der die selige Edigna einst bestattet wurde und wo heute ihre Reliquien aufbewahrt werden, stammt aus dem 8. Jahrhundert. Die Kirche wurde 1453 auf ihre heutigen Maße erweitert und in der ersten Hälfte des 18. Jahrhunderts im Rokokostil ausgestaltet und bemalt. Historischen Berichten zufolge war der Schutzpatron der Kirche bis zum 18. Jahrhundert der Erzengel Michael, heute jedoch ist es der heilige Sebastian, obwohl die innere Ausgestaltung der Kirche ganz der seligen Edigna gewidmet ist. Sie ist die zentrale Figur im Hauptfresko der Kirche, das den Titel „Edigna – die Überwinderin des Irdischen“ trägt. Dargestellt ist sie in Pilgerkleidung in der hohlen Linde: Der rechte Fuß zertritt eine Schlange, und unter dem linken liegen zu Boden gefallene Attribute von Macht, Stolz und weltlicher Liebe. Diese haben für sie keine Bedeutung, da sie sich ganz der göttlichen Liebe geweiht hat. Die Reliquien der seligen Edigna befinden sich in einer Glasvitrine im linken Seitenaltar der Kirche und sind zur Verehrung zugänglich.
In Hofdorf, bei Bogen an der Donau, befindet sich eine kleine Kirche, deren Schutzpatronin die selige Edigna ist. Diese Kirche wurde um 1700 erbaut. Laut historischen Quellen war der erste Schutzpatron der Kirche der heilige Thomas, aber ab 1765 wurde die selige Edigna zur Patronin der Kirche ernannt. Der Grund für diesen Wechsel wird in einer Urkunde beschrieben, deren Original sich in der Kirche befindet: 1765 wurden Reliquien der seligen Jungfrau Edigna nach Hofdorf gebracht. In der Urkunde wird erwähnt, dass die Reliquien (ein Partikel des Schädels) vom Abt des Klosters Fürstenfeld, Martin II. Hazi, an den Abt des Prämonstratenserklosters Windberg, Bernhard, übergeben wurden. Dieser leitete sie schließlich nach Hofdorf weiter. Heute werden die Reliquien im Tabernakel aufbewahrt, unter dem Altarbild, das Edigna unter hilfsbedürftigen Menschen darstellt. Ebenso wie die Bewohner von Puch verehren die Menschen in Hofdorf die selige Edigna als Fürsprecherin und treue Helferin in allen Lebenslagen.
Theateraufführung „Edigna-Spiele“
Im Februar 1959, anlässlich des 850. Todestages der Seligen Edigna, wurde zum ersten Mal das „Gedenkspiel Edigna zu Puch“ von der nämlichen Gemeinde aufgeführt, um das Andenken an die Selige in besonderer Weise zu ehren. Dies wurde vom Kreisheimatpfleger Wolfgang Völk angeregt. Das erste Stück verfasste der Autor Franz S. Wagner. Dem Spielleiter Max Paintner gelang es, mindestens 40 Pucher Bewohner für diese Idee zu begeistern, die als erste Laienschauspieler das Leben der Ortsseligen aufführten. Diese Aufführung war ein großer Erfolg und fand großen Anklang beim Publikum, sodass die Organisatoren beschlossen, die Edigna-Spiele künftig im zehnjährigen Turnus auf die Bühne zu bringen. In den Jahren 1979, 1989 und 1999 leitete Hardy Baumann die Spiele.
Der Inhalt der „Edigna-Spiele“ von 1959-1999 basierte auf der Vita der seligen Edigna von Matthäus Rader aus dem Jahr 1624. Die Ereignisse spielten sich um eine tausendjährige Linde herum ab, welche die Verbindung zwischen den Generationen symbolisierte. Bis heute ist diese Theateraufführung nicht nur ein Ausdruck des lebendigen Glaubens, sondern auch ein Beitrag zur Erhaltung der Traditionen und der Kultur der gesamten Region. Sie ist auch ein wichtiges Mittel, um die Verehrung der Seligen zu bewahren, und eine gute Gelegenheit, die christlichen Ideale einem breiteren Publikum zu vermitteln.
Die Edigna-Spiele 2009 anlässlich des 900. Todestages der seligen Edigna wurden vom renommierten Theaterregisseur Marcus Everding geleitet. Nachdem er die selige Edigna kennengelernt hatte, war er von ihr fasziniert und wollte diese Bewunderung mit seinem Publikum teilen. Er professionalisierte die Edigna-Spiele ein Stück weit und führte sie mit dem von ihm neu geschriebenen Stück unter dem Titel „Selig die hungern und dürsten nach Gerechtigkeit“ auf einer neuen, erweiterten Bühne auf, die auf Initiative des Edigna-Vereins und mit Unterstützung zahlreicher Spender gebaut wurde.
2019 brachte Everding mit „Ex Voto Edigna – Was vom Baum blieb“ eine moderne Version der Festspiele auf die Bühne, um die Gestalt der Seligen in die Gegenwart zu holen.
Der Regisseur stellte den Zuschauern Catherine vor, eine junge Frau, die in Puch ankommt und ihre Familie und Karriere hinter sich gelassen hat. Am Bahnhof schenkt sie anderen Menschen ihre Zeit, das Kostbarste, was sie hat, und das Einzige, was man mit Geld nicht kaufen kann, und so wird sie zum pulsierenden, freundlichen „Herz“ des Dorfes. Die Inszenierung wurde als ein Spiegelbild der modernen Gesellschaft konzipiert und sollte zum Nachdenken über Prioritäten und Werte des Lebens dienen. Die nächste Aufführung der Edigna-Spiele findet im Februar/März 2029 statt.
Edigna-Verein: Geschichte und Gegenwart
Der Edigna-Verein Puch e.V. blickt auf eine lange Geschichte zurück, während derer er zur Kulturförderung in der Ortsgemeinde entscheidend beigetragen hat. Seit seiner Gründung im Jahr 1969 organisiert der Verein verschiedene kulturelle und soziale Veranstaltungen, die zu einem festen Bestandteil des Gemeindelebens geworden sind und den internationalen Dialog fördern.
Das Hauptziel des Vereins besteht darin, im zehnjährigen Turnus die „Edigna-Spiele“ durchzuführen, die Verehrung der seligen Edigna zu fördern und ihre Botschaft in der modernen Welt bekannt zu machen. Die Vereinsmitglieder sind bestrebt, Traditionen zu bewahren und christliche und soziale Werte zu vermitteln. Zu den regelmäßigen Veranstaltungen des Vereins gehört außerdem die Gestaltung des Gedenktags der seligen Edigna am 26. Februar. Jedes Jahr wird an diesem Tag in der Kirche St. Sebastian ein Festgottesdienst gehalten und ein feierlicher Empfang organisiert. Zum Fest lädt der Verein insbesondere Frauen und Mädchen ein, die den Namen Edigna tragen.
Neben seinen Hauptaufgaben hält der Edigna-Verein auch das Gemeindeleben in Puch lebendig. Die vom Verein gegründete Mutter-Kind-Gruppe fördert das Kennenlernen und die Integration junger Familien. Seit mehr als 20 Jahren gibt es auch die Malgruppe „Pucher Farbkreis“ mit wöchentlichen Kursen. Alle 2–3 Jahre zeigen Mitglieder der Gruppe ihre Werke auf Ausstellungen.
Der Edigna-Verein organisiert seit vielen Jahren eine vorweihnachtliche Familienveranstaltung, bei der Kinder und Jugendliche in Begleitung von Musikgruppen weihnachtliche Szenen zeigen. Ein wichtiger Bestandteil der Vereinsaktivitäten ist auch die Organisation von Bildungsausflügen und Theaterbesuchen. Seit mehr als 40 Jahren ist der Verein bei der Leonhardifahrt in Fürstenfeldbruck vertreten, bei der Edignas Ankunft in Puch geschildert wird.
Seit 1988 unterhält der Edigna-Verein freundschaftliche Beziehungen zur Ukraine und zur Apostolischen Exarchie für Ukrainer des byzantinischen Ritus in Deutschland und Skandinavien und beteiligt sich aktiv an Initiativen im Zusammenhang mit der Verehrung der seligen Edigna. Seine Rolle dabei kann kaum überschätzt werden, da der Verein seit vielen Jahren die erste Instanz ist, an die man sich bei Fragen rund um die selige Edigna wenden kann. Er bewahrt und vermittelt die Erinnerung an Edigna und ist ihr „Botschafter“ in der modernen Welt.
Selige Edigna und Apostolische Exarchie
Die Apostolische Exarchie der UGKK legt besonderen Wert auf die Verehrung der seligen Edigna, die ihre Schutzpatronin und Fürsprecherin ist, indem sie Wallfahrten, Gottesdienste und andere kulturelle und religiöse Veranstaltungen organisiert.
Das erste dokumentierte Ereignis im Zusammenhang mit der Verehrung der seligen Edigna war die Wallfahrt der Jugend der Ukrainischen Griechisch-Katholischen Kirche am 6. Juli 1988. Die Pilger, die unter der Leitung des damaligen Apostolischen Exarchen Bischof Platon (Kornyliak) anlässlich des Jahrtausends der Taufe der Rus-Ukraine nach Rom wallfahrteten, machten Halt in Puch, um die selige Edigna zu ehren. In Erinnerung an diesen Besuch wurde in der Kirche zu Puch eine Gedenktafel angebracht, auf der steht: „Selige Edigna, Urenkelin des hl. Wolodymyr, Tochter Anna Jaroslawnas, bete für uns und unser Volk. Zum Millennium der Taufe der Ukraine. Die ukrainische Jugend in der Diaspora. Puch, den 6. Juli 1988“.
Seit 2006 wurde die ukrainische Wallfahrt nach Puch unter der Leitung des damaligen Apostolischen Exarchen Petro (Kryk) regelmäßig durchgeführt. Die jährlichen Pilgerfahrten der Apostolischen Exarchie zur Stätte des Lebens und Ruhens der seligen Edigna vereinen ukrainische Gemeinden nicht nur in Bayern, sondern in ganz Deutschland. Diese Wallfahrten finden jeweils am ersten Samstag im Juli statt.
Der gegenwärtige Apostolische Exarch Bohdan (Dzyurakh) führte die Tradition seiner Vorgänger fort und betonte die Bedeutung der Seligen Edigna für die ukrainische Gemeinschaft und das ukrainische Volk. Der Exarch intensivierte die Beziehungen zur Gemeinde Puch und begann, die bis dahin wenig bekannte Selige in der UGKK bekannt zu machen. Während der Wallfahrt am 3. Juli 2021 überreichte Bischof Bohdan dem Edigna-Verein eine Ikone mit ihrer Darstellung und bedankte sich für „die langjährige Zusammenarbeit und die starke Verbindung der Ukrainer unseres Exarchats mit der Gemeinde Puch und dem Edigna-Verein“.
Am 16. Oktober 2023 approbierte das Oberhaupt der UGKK, Seine Seligkeit Swjatoslaw, das aktualisierte Menologion unserer Kirche, in das auch die selige Edigna aufgenommen war. Seitdem wird sie von der gesamten UGKK als Selige verehrt. Wir feiern ihren Gedenktag am 26. Februar.
Edigna und ukrainische Delegationen und Ereignisse
Die selige Edigna vereint Ost und West. Aufgrund ihrer Herkunft ist sie eine verbindende Figur für die Ukraine, Frankreich und Deutschland. Damit fördert sie die kulturelle und historische Brüderlichkeit, die Entwicklung der internationalen Beziehungen und die Vertiefung der Kontakte zwischen diesen Ländern. Die Selige hat einen besonderen Einfluss auf die Partnerschaft zwischen der Ukraine und Deutschland.
Seit 1988 kommen zahlreiche offizielle Delegationen und Einzelpilger aus der Ukraine nach Puch, um die selige Edigna mit den glorreichen ukrainischen Wurzeln zu verehren und ihre Geschichte in Bayern kennenzulernen. Ein Paradebeispiel dafür war der Besuch des ukrainischen Staatspräsidenten Viktor Juschtschenko am 9. Februar 2007. Während seiner Teilnahme an der Münchner Sicherheitskonferenz äußerte der Präsident den Wunsch, die Pucher Pfarrkirche zu besuchen, um die Reliquien der seligen Edigna, der Enkelin des Großfürsten Jaroslaw des Weisen, zu verehren. Bei diesem Besuch sprach Juschtschenko mit der Vorsitzenden des Edigna-Vereins Puch e.V., Frau Edigna Kellermann, und hinterließ einen Eintrag im Bittbuch. Dabei war er zutiefst ergriffen und verwies auf den großen Respekt, der Edigna und ihrer Mutter, Prinzessin Anna, in der Ukraine noch immer entgegengebracht werde.
In den letzten Jahren haben sich die Verbindung und Zusammenarbeit mit der Ukraine dank der regen Aktivität des Edigna-Vereins erheblich vertieft. Der Generalkonsul der Ukraine in München besucht Puch regelmäßig jedes Jahr am Edigna-Fest am 26. Februar. Umgekehrt besuchten Vertreter des Edigna-Vereins, Edigna Kellermann und Andreas Lohde, im Juni 2018 Kyjiw auf Einladung des Außenministers der Ukraine, Pawlo Klimkin. Sie nahmen am jährlichen MFA-Open-Air-Konzert teil, bei dem dieses Jahr ein Edigna gewidmetes historisches Stück aufgeführt wurde: „Edigna, Tochter Annas von Kyjiw und Heinrichs I. – der Beginn eines glorreichen Dienstes!“ Am 24. Februar 2023 kam diese Aufführung unter dem Titel „Edigna 23“ nach Fürstenfeldbruck in Deutschland, um am Jahrestag der groß angelegten russischen Invasion in der Ukraine zu demonstrieren, dass das letzte Wort nicht Hass und Terror, sondern Menschlichkeit, Fürsorge und Nächstenliebe haben.
Besuch der Ständigen Synode der UGKK
Am 25. Mai 2024 gedachten die Bischöfe der Ständigen Synode der UGKK der seligen Edigna, indem sie die Kirche St. Sebastian zu Puch besuchten, wo ihre Reliquien aufbewahrt werden. Die Delegation der Bischöfe, angeführt von Seiner Seligkeit Swjatoslaw, trafen mit der Pfarrgemeinde zusammen und beteten gemeinsam. Nach dem Gebet überreichten die Bischöfe der Gemeinde und dem Edigna-Verein e.V., die sich um die Reliquien und die Verbreitung ihres Kultes in Deutschland kümmern, eine Ikone, die den Schutz der seligen Jungfrau Maria darstellt mit dem seligen Petro Werhun und der seligen Edigna zu ihren Seiten.
Frau Edigna Kellermann, Ehrenvorsitzende des Edigna-Vereins und Verantwortliche für die Kontakte zur Ukraine, schenkte den Mitgliedern der Ständigen Synode die Erinnerungsmedaillen der Seligen. Sie lud die Bischöfe ein, ihre Unterschriften im Gästebuch und in dem Buch der Gebetsanliegen zur seligen Edigna zu hinterlassen.
„Hier pulsiert das Leben, über das weder Raum noch Zeit Macht haben“, sagte Seine Seligkeit Swjatoslaw, als er sich an die Vertreter der Pfarrgemeinde St. Sebastian in Puch wandte. „Wir haben die Linde gesehen, die tausend Jahre alt ist, aber dennoch junge Triebe hat. Ebenso sehen wir hier die tausendjährige Kirche als den Leib Christi, an dem junge Triebe wachsen – jene Kinder, die uns heute begrüßt haben. Die Kraft dieses Lebens ist das Leben des Heiligen Geistes. Die selige Edigna, die wir heute ehren, ist eine Quelle der Gnade des Heiligen Geistes. Wir spüren, dass weder Krieg noch Tod Macht über eine solche Lebensenergie haben, die vom Heiligen Geist ausgeht.“
Seine Seligkeit sprach auch Worte des Dankes aus. Er würdigte den Edigna-Verein für seine Bemühungen, die Lebensquelle, die die selige Edigna hier hinterlassen hat, zu pflegen und zu bewahren. „Der Besuch unsere Synode bezeugt unseren Respekt vor der Heiligkeit des Heiligen Geistes, die durch euch hier pulsiert“, betonte er. „Wir hoffen, dass die Reliquien der seligen Edigna nach Kyjiw kommen. Wir möchten die Verehrung der seligen Edigna weiterverbreiten. In diesem Jahr haben wir den Gedenktag der seligen Edigna in den liturgischen Kalender unserer Kirche aufgenommen. Wir glauben, dass das, was die Sünder auf Erden nicht vollbringen können, die Heiligen im Himmel möglich machen können“, fügte Seine Seligkeit hinzu.
Das Wort des Apostolischen Exarchen
Liebe Schwestern und Brüder im Glauben!
Man nennt sie die Selige, die die Völker vereint. Sie diente den Menschen mit erstaunlicher Hingabe, weil sie Gott in ihrem Herzen und ihrem Leben an die erste Stelle setzte. Auch heute noch lehrt sie uns, zuallererst Gott und das Reich Gottes zu suchen, damit alles andere in unserem Leben seinen richtigen Platz findet und wir Gottes Willen erfüllen und so das Ziel unserer christlichen und menschlichen Berufung erreichen können.
Die Botschaft der seligen Edigna an uns Ukrainer, ihre Nachkommen, die wir im Europa des 21. Jahrhunderts leben, besteht darin, die Vereinigung mit Gott in den Mittelpunkt unseres Suchens und Strebens zu stellen. Wenn wir dies tun, werden wir für die anderen wirklich zum Zeichen und Werkzeug der Barmherzigkeit und Weisheit Gottes. Wir werden fähig sein, von unserem „Thron“ herabzusteigen, um Gottes Wort der Hoffnung zu verkünden, verwundete Herzen und Seelen zu heilen, den Armen und Schwachen beizustehen und allen im Geiste des Evangeliums Christi zu dienen.
Die selige Edigna, deren Herkunft auf die Fürstenfamilie aus der Kyjewer Rus zurückgeht, die am französischen Königshof geboren wurde und ihre christliche Laufbahn in Bayern vollendete, ermutigt uns, unsere heutige Sendung zu überdenken. Wir als Volk – und jeder Einzelne – sollen uns fragen: Was bringen wir aus der Ukraine mit? Was können wir den Menschen, unter denen wir heute leben, anbieten? Wie können wir, indem wir das Evangelium Christi für das geistliche Wohl unseres gemeinsamen europäischen Hauses bezeugen, ihnen dienen?
Möge die selige Edigna uns durch ihr Gebet vom Himmel aus zu einer Familie vereinen und uns durch ihr Beispiel auf dem Weg des Gebetes, der Selbsthingabe und des Dienstes begleiten!
Möge der Segen des allmächtigen Gottes, des Vaters, des Sohnes und des Heiligen Geistes über euch kommen und immer mit euch sein!
+Bohdan
Apostolischer Exarch